FORUM.Werkzeugbau – Digitalisierung vom Feinsten
Die Digitalisierung macht auch vor dem Werkzeugbau nicht halt. Die Zeit der konventionellen Fräs- und Drehmaschinen ist nun schon länger her. Seitdem sind die Fertigungsprozesse immer digitaler geworden. Waren Sensoren im Werkzeug vor einigen Jahren noch eher eine Seltenheit wird dies nun immer öfter gefordert. Aus dieser Entwicklung heraus haben sich viele Insellösungen etabliert. Daten entstehen entlang der gesamten Fertigungskette. Es werden intelligente Systeme benötigt, die diese Daten nicht nur sammeln, sondern es auch ermöglichen diese auszuwerten, zu analysieren und für Folgeprojekte wiederzuverwerten. Schlussendlich geht es darum die Lücke zwischen der realen, physischen Welt und der virtuellen, digitalen Welt zu schließen.
Das zweitägige FORUM.Werkzeugbau kombinierte Vorträge hochkarätiger Expert*innen zum Thema Digitalisierung im Werkzeugbau mit Einblicken in die Praxis. Ein großes Highlight war, dass diese Veranstaltung wieder präsent durchgeführt werden konnte. Auch im Zeitalter der Digitalisierung ist der persönliche Kontakt nach wie vor essentiell. Neben den großartigen Vorträgen ist es auch das persönliche Gespräch in den Pausen, in denen neue, zukunftsweisende Ideen und Kooperationen entstehen.
In den Vorträgen von Christoph Kelzenberg (Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen), Ralf Dürrwächter (VDWF e.V.) und Melanie Fritsch (Marktspiegel Werkzeugbau eG) wurden die Potenziale aufgezeigt, die die Digitalisierung bietet. Im Werkzeugbau hat man die Chancen der Digitalisierung bereits erkannt, es ist jedoch noch nicht viel davon umgesetzt. Um in der Zukunft auf dem Markt bestehen zu können wird es notwendig sein sich mit der Digitalisierung auseinander zu setzen. Nur so wird es möglich sein sich von Billigwerkzeugen deutlich abzuheben und mit Mehrwert und Qualität zu Punkten.
Um die Daten sammeln zu können werden Normen und Schnittstellen in der Zukunft eine immer wichtigere Rolle einnehmen um weg von Insellösungen zu ausgereiften Gesamtkonzepten zu kommen. Georg Steinbichler (JKU / Institut für Polymer-Spritzgießtechnik und Prozessautomatisierung), Gerhard Würth (ARBURG GmbH + Co KG) und Alexander Schildknecht (Mold-Masters Handelsges.m.b.H) berichteten welche Schnittstellenlösungen es bereits gibt, an welchen Schnittstellen aktuell gearbeitet wird und welche Herausforderungen die Zukunft bringt. Andreas Reinthaler (Digital Moulds GmbH) zeigte auf wie es schon heute möglich ist ein Werkzeug intelligent mit Sensoren auszurüsten und diese Daten auch im MES zur Verfügung zu stellen.
Wenn man von der Digitalisierung spricht kommt man auch um den digitalen Zwilling nicht herum. Dabei stellt sich immer auch die Frage: „Wo fängt der digitale Zwilling an und wo hört er auf.“ Dieses Thema beleuchteten Florian Aichberger (SimpaTec GmbH) und Bernhard Radler (Schöfer GmbH). In einem kurzen Überblick zeigten Sie wie weitreichend dieses Thema ist. Es beginnt bei der Datenvorbereitung. Geht weiter über die Prozesssimulation zur Erstellung von Materialkarten die auf den Simulationsergebnissen beruhen. Stellt sich nun in der Strukturmechanik heraus, dass die Bauteileigenschaften nicht passen ist eine softwareübergreifende Optimierung notwendig. Betrachtet man jetzt nur einmal die Prozesssimulation stellt man auch hier fest, dass es nicht den einen digitalen Zwilling gibt. Man benötig den digitalen Designzwilling, den digitalen Materialzwilling, den digitalen Maschinenzwilling und den digitalen Prozesszwilling. Anhand der Maschinencharakterisierung die bei Schöfer GmbH durchgeführt wurde konnte sehr anschaulich aufgezeigt werden, wie wichtig die Maschinencharakterisierung gerade bei sehr engen Prozessfenstern ist.
Doch nicht nur die Simulation spielt ein Thema in der Digitalisierung. Um auch den Fertigungsprozess des Werkzeuges mit abzubilden spielen ERP-Systeme eine wichtige Rolle. Anhand eines praktischen Beispiels zeigte Christoph Wimmer (HOST Software Entwicklung und Consulting GmbH) wie durch eine intelligente Planung die Ressourcen agil und ideal eingesetzt werden können. Doch nicht nur die Planung spielt eine immer wichtiger werdende Rolle. Es geht auch darum das Wissen im Unternehmen zu halten. Markus Forro (WBI Wissensmanagement) hat gemeinsam mit Andreas Rucziczka (Miraplast GmbH) eine digitale und lebendige Wissensdatenbank bei Miraplast GmbH eingeführt. Besonderen Wert hat man daraufgelegt, dass bestehende Daten einfach in diese Wissensdatenbank integriert werden kann. Werden neue Dokumente ins System integriert werden die betroffenen Personen automatisch informiert. Für alle anderen Informationen steht eine einfache Suchfunktion zu Verfügung. Veraltete oder redundante Dokumente gehören so der Vergangenheit an. Um diese Daten auch zu schützen ist das Thema IT Security ein häufig vergessenes Thema. Martin Schiller (InnoHD GmbH) macht eindringlich auf die Wichtigkeit aufmerksam. Auch im Bereich der IT-Sicherheit geht es darum eine Gesamtlösung zu finden um den maximalen Schutz gewährleisten zu können.
Doch die Digitalisierung ist keine Entwicklung, die man einmal macht und danach ist man fertig. Die Digitalisierung ist ein kontinuierlicher Prozess, der sich mit dem aktuellen Stand im Unternehmen weiterentwickelt. Christian Riedl (Haidlmair GmbH) sagt dazu, dass es keinen einheitlichen Weg der Digitalisierung gibt. Idealerweise fängt man mit den aktuell größten Schmerzpunkten einmal an und arbeitet sich anhand einer Roadmap weiter voran. Diese Roadmap zeigt einen Blick in die Zukunft. Wobei dieses Bild sich im laufe der Reise auch verändern kann.
Um in Zukunft für das Thema Digitalisierung gerüstet zu sein werden kluge Köpfe benötigt, die speziell auf die Themen des digitalen Werkzeugbaus ausgebildet werden. Gerald Warter (KTLA - Kremstaler Technische Lehrakademie) berichtete hierfür von der KTLA. Sehr erfreulich war, dass sogar drei Absolventen den Weg zum FORUM.Werkzeugbau gefunden haben. In einer Kooperation mit der Berufsschule Steyr und dem Verein „Technologiegruppe Kremstal (TGK)“ ist 2020 der erste Jahrgang des Lehrberufs „Digitale Werkzeugbautechnik“ gestartet. Ein weiterer großer Schritt in Richtung Digitalisierung um Werkzeugbau.